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Es ist noch früh am Morgen, als ich mich vorsichtig dem Ufer der Ahr nähere. Lücken in der üppigen Vegetation geben den Blick auf einen Teil der Wasseroberfläche frei. Ich halte inne. Einige Fische steigen zur Oberfläche und schnappen nach Insekten. Es sind wohl vier oder fünf Forellen in gut erreichbarer Wurfweite. Schritt für Schritt pirsche ich weiter. Das Wasser ist sehr klar, und die Ahrforellen sind scheu. Behutsam setzte ich einen Fuß vor den anderen, bis ich knietief im Wasser stehe und sich eine gute Wurfposition bietet. Ich konzentriere mich auf den stromab letzten Fisch und versuche, seinen genauen Standplatz zu erkennen. Man sucht sich immer nur einen Fisch aus und beangelt diesen konsequent. Auf alle steigenden Fische der Reihe nach anzuwerfen, wäre nicht professionell und wohl kaum erforderlich. Am Ende hat man sie alle verscheucht und keinen einzigen gefangen. Eine Trockenfliege wird an die hauchdünne Vorfachschnur gebunden, einige Meter Schnur werden abgezogen und nach ein paar Leerwürfen fällt meine Fliege in etwa acht Meter Entfernung sanft aufs Wasser und treibt auf den Standplatz der Forelle zu. Ein Schwall. Der Fisch hat das ausgewählte Muster akzeptiert. Ein sanfter Ruck geht durch die Rute als ich sie anhebe, um den Biss zu quittieren. Kurze Zeit später halte ich eine schön gezeichnete Bachforelle in der Hand, um sie nach dem Lösen des Hackens wieder ihrem Element zu überlassen.

Wir sind Fliegenfischer. Mit dem Fliegenfischen hat es seine ganz eigene Bewandtnis. Der Versuch, die wunderbare Faszination dieses Sports vollständig ergründen und beschreiben zu wollen, wäre wohl zwecklos. Man weiß erst, wie schön es ist, wenn man es selbst ausprobiert hat. Wer mit der feinen Fliegenrute und vielleicht noch mit der selbst gebundenen Fliege einmal eine Forelle überlistet hat, ist verloren, diesem Sport mit Leib und Seele verfallen – so wie ich. Es gibt für einen Angler wohl kaum etwas schöneres, als das elegante Werfen der Fliegenschnur; nichts aufregenderes als Anhieb und Drill eines kampfstarken Fisches mit diesem ultraleichten Gerät.

Dem Laien muss diese Angeltechnik unverständlich, bisweilen fremdartig vorkommen. Mich hat mal eine ältere Dame gefragt, ob das regelmäßige Schwingen der „dicken Schnur“ über dem Wasser die Fische anlocken soll. Es ist schon erstaunlich, was mancher Laie in das Flugangeln hinein interpretiert. Dabei ist das gar nicht so schwierig zu erklären. Der Fliegenfischer angelt mit dem künstlichen Köder, der sehr klein und von äußerst geringem ist. Schließlich gilt es, ein Insekt oder ein kleines Fischchen zu imitieren. Die Fliege ist so leicht, dass sie mit einer normalen Angel und einer herkömmlichen Schnur nicht geworfen werden kann. Deshalb sind spezielle Fliegenruten und Fliegenschnüre entwickelt worden. Diese muss der Angler zusammen mit der Fliegenrolle genau aufeinander abstimmen, damit ein harmonischer Bewegungsablauf ohne Ermüdung des Wurfarmes entstehen kann. Mit diesem Gerät ist es dem geübten Fliegenfischer durchaus möglich, die Fliege zwanzig oder mehr Meter zu werfen.

An unseren Ahrstrecken reichen aber in der Regel zehn bis fünfzehn Meter völlig aus. Ein gekonnter Wurf ist eine wichtige Voraussetzung für den Fangerfolg. Es bedarf einiger Übung, bis man die verschiedenen Wurfvarianten beherrscht und die Fliege so anbieten kann, dass der Fisch keinen Verdacht schöpft. Eine zweite wichtige Voraussetzung ist das Wissen um die Natur der Fische, die sich im Laufe einer Saison, also vom Frühjahr bis zum Herbst verändert. Das alles heißt aber nicht, dass erfolgreiches Fliegenfischen nur von Supertalenten mit Biologiestudium betrieben werden kann. Nein. Jeder Angler, der etwas Gefühl für Rute und Schnur entwickelt, sich in stillen Stunden der Insektenkunde widmet, der sich die Zeit nimmt, das Wasser und die Umgebung und auch andere Fliegenfischer zu beobachten, wird seine Sternstunde bei diesem wunderschönen Sport erleben.

Zum Fliegenfischen gehört eigentlich untrennbar das Fliegenbinden dazu. Es gibt wohl kaum einen Fliegenfischer, der nicht über kurz oder lang seine Fliegen selber bindet. Fliegenbinden ist eine ausgesprochen kreative und entspannende Beschäftigung. Wenn dann noch die selbst erdachten oder dem Original nachempfundenen Muster am Wasser Erfolg bringen, ist das eine unglaublich schöne Belohnung.

Wir sind Fliegenfischer. Und ich denke, sagen zu können, dass uns das Fliegenfischen unser ganzes Leben lang Freude machen wird. Besonders natürlich auch dadurch, dass wir es meistens in landschaftlich schöner Umgebung ausüben können.

Beitrag von Dietmar Ulonska